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Der gute Tag kam alle Jahre doch nur einmal! Sollte nicht dies einz'gemal die Freude alle Fesseln von sich werfen? Man tanzte, sang, und brachte gute Schwänke hervor, und lautes Lachen wieherte dem gröbsten Spaß, dem tollsten Schwank entgegen. Erst war's nur Fröhlichkeit: allmählich ward | libertasque recurrentes accepta per annos lusit amabiliter, donec iam saevus apertam | |
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der Scherz zu grob, begann, anstatt zu kitzeln, zu beißen, und die ungestrafte Frechheit verschonte selbst der besten Häuser nicht. Nun schrieen die Gebißnen laut, und wer auch frei geblieben war, nahm Teil an dem, was jeden treffen konnte. Das Gesetz trat nun ins Mittel, und verbot bei Strafe ein böses Lied dem andern zuzusingen23). Dies gab dem Spiel bald einen andern Schwung. Die Furcht des Knittels lehrte nun bedachtsam im Ausdruck werden, und manierlich scherzen. So bliebs, bis das besiegte Griechenlandh) durch seiner Künste Reiz den rohen Sieger bezauberte, und seine feinern Künste ins bäur'sche Latium verpflanzte. Nun verschwand auf einmal jener ungehobelte Saturnsche Vers, und Sprach und Witz, gesäubert vom alten Schmutz, gewann nun allgemach ein reinlich Ansehn. Gleichwohl blieb noch immer ein Dorfgeruch zurück, der sich sobald nicht ganz verlieren wird. Denn ziemlich spät, | in rabiem verti
coepit iocus, et per honestas <150> ire domos impune minax: doluere cruento dente lacessiti; fuit intactis quoque cura condicione super communi: quin etiam lex poenaque lata, malo quae nollet carmine quemquam describi: vertere modum formidine fustis <155> ad benedicendum delectandumque redacti. Graecia capta ferum victorem cepit et artes intulit agresti Latio: sic horridus ille defluxit numerus Saturnius; et grave virus munditiae pepulere: sed in longum tamen aevum <160> manserunt, hodieque manent vestigia ruris. | |
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erst in der Ruhe, die das überwältigte Karthago schenkte, fing der Römer an der Griechen Werke fleißiger zu lesen, und ihren Schauplatz, und was Äschylus und Sophokles geleistet, zu studieren. Bald kam die Lust ihn an, in dieses Fach sich auch zu wagen, und zu sehen, was davon in unsre Sprache umzusetzen wäre; und er gefiel sich im Versuch: denn sein Genie, das kühn und stolz ist und das Große liebt, kam ihm dabei zu statten. Kurz, der Ton des Trauerspiels gelang ihm ziemlich, und nach solchem Anfang hätte man sehr viel erwarten können, wenn er nicht zur Feile so ungeduldig wäre, und (was wahre Künstler für rühmlich halten) fleißig auszustreichen und nachzubessern seiner unwert glaubte24). Man pflegt sich einzubilden, weil das Lustspiel aus dem gemeinen Leben sich mit Stoff versieht, so sei nichts leichter: aber eben darum, weil's um so minder Nachsicht fodern kann, ist's desto schwerer. Unsre Dichter nehmen's | Serus enim Graecis admovit
acumina chartis; et post Punica bella quietus, quaerere coepit, quid Sophocles et Thespis et Aeschylus utile ferrent. Temptavit quoque rem, si digne vertere posset; <165> et placuit sibi, natura sublimis et acer: nam spirat tragicum satis, et feliciter audet; sed turpem putat inscite metuitque lituram. Creditur, ex medio quia res arcessit, habere sudoris minimum, sed habet comoedia tanto <170> plus oneris, quanto veniae minus. Aspice, Plautus | |
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nun freilich nicht so scharf. Man sehe nur, mit welchem groben Pinsel Plautus einen jungen Verliebten, einen Schelm von Kuppler, oder einen mißtrauisch-schwachen kargen Alten sudelt25)? Was für ein Meister in gefräßigem Schmarutzen Dossennus ist26)? Wie schlotterig sein Fuß im weiten Soccus durch die Szene schlendert? Das macht, der arme Dichter kann nicht schnell genug sich spuden, um sein Geld im Beutel klingen zu hören; wird ihm dieser nur gefüllt, dem Stück geh's, wie es will, was kümmerts ihn? Und ist auch einer, den die Ruhmbegier, auf ihrem von der leichten Luft der Volksgunst getriebnen Wagen, in dies Fach geworfen: so braucht es nur ein schläfrig oder lauschend Gesicht, ihn aufzublähen oder zu entgeistern. So wenig ists, was eine Seele, die nach Lobe geizt, dahin wirft, oder hebt! Weg mit dem Spiele, wenn der eitle Wind, den mir das Zischen oder Klatschen müß'ger Leute entgegen weht (oft beides gleich gerecht!), mich mager oder fett nach Hause schicken soll! | quo pacto partes tutetur
amantis ephebi; ut patris attenti, lenonis ut insidiosi? quantus sit Dossennus edacibus in parasitis! quam non adstricto percurrat pulpita socco! <175> Gestit enim nummum in loculos demittere, post hoc securus, cadat, an recto stet fabula talo. Quem tulit ad scaenam ventoso Gloria curru, exanimat lentus spectator, sedulus inflat; sic leve, sic parvum est animum quod laudis avarum <180> subruit et reficit. Valeat res ludicra, si me palma negata macrum, donata reducit opimum! | |
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Noch ist ein Ungemach, das auch den kühnsten Poeten abzuschrecken fähig ist. Wenn alles gut ging, unverhofft beliebts dem ungelehrtsten Teil, doch leider! immer dem größten an der Zahl, und der, wofern die Ritter etwa andrer Meinung sind, sogleich die harten Fäuste weiset mitten im Stück, nach Fechtern oder einem Bärentanz zu schreien: denn dergleichen Possen klatscht das kleine Volk am liebsten zu27). Wiewohl auch bei dem Adel hat die Reizbarkeit und das Vergnügen aus den Ohren gänzlich sich in die Flatteraugen hingezogen. Geistleeres Schaugepränge unterhält am besten, und die Szene bleibt vier Stunden oft und länger unterbrochen, indes das gaffende Parterr mit Zwischenspielen belustigt wird. Da jagen Reiterei und Fußvolk hitzig mit gezücktem Säbel einander durch die Bühne Folgt darauf gar schön zu sehn! das Schauspiel eines langen Triumphs; in Fesseln ziehn, die Hände auf den Rücken | Saepe
etiam audacem fugat hoc terretque poetam, quod numero plures, virtute et honore minores, indocti stolidique et depugnare parati, <185> si discordet eques, media inter carmina poscunt aut ursum aut pugiles: his nam plebecula gaudet. Verum equiti quoque iam migravit ab aure voluptas omnis ad incertos oculos et gaudia vana. Quattuor aut plures aulaea premuntur in horas, <190> dum fugiunt equitum turmae peditumque catervae; | |
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gedreht, besiegte Könige daher; ein rascher Zug von Gall'schen Kriegeswagen, und Kutschen voll gefangner Damen und Bagagekarren, rasseln hintendrein; Gerätschaft, Schiffe, Bilder und Gefäße von Elfenbein, ein ganz Korinth voll eherner Statüen, wird im Pomp dahergeschleppt. | mox trahitur manibus regum
fortuna retortis, esseda festinant, pilenta, petorrita, naves, captivum portatur ebur, captiva Corinthus. |
| Si mala condiderit in quem quis carmina, lis est iudiciumque |
mit der Zweideutigkeit des Worts mala carmina nur seinen Scherz treibt, und ihm antwortet:
esto, si quis mala nämlich, die Meinung des Gesetzes sei nicht, daß in die
Strafe verfallen sein solle, wer boshafte, sondern wer
elende Verse mache; eine Auslegung, gegen welche unsre meisten
Versemacher sehr zu protestieren Ursache haben.
Ich bemerke nur noch im Vorbeigehen, daß, wie diese ganze Epistel, so besonders auch diese Stelle, »über die Schwierigkeit in der Komödie die Vortrefflichkeit zu erreichen«, so genau auf uns paßt, als ob die Epistel an den Augustissimum unsrer Zeit adressiert wäre. Wer bildet sich heut zu Tage nicht ein, ein Lustspielchen machen zu können? Man glaubt, nichts sei leichter; und man glaubt es, gerade aus dem von Horaz angegebenen Grunde, warum man's damals in Rom glaubte; und betrügt sich darin aus dem nämlichen Grunde, welchen Horaz den Pfuschern seiner Zeit zu Gemüte führt. Jedermann gesteht, daß er Recht hat: gleichwohl hören wir noch immer Komödien, vor denen er sich die Ohren zugestopft hätte; und wir denen alles gut ist (es müßte denn nur wirklich sehr gut sein, und irgend ein Schalk müßte uns weis gemacht haben, es sei schlecht), wir klatschen, daß uns die Hände feuern! Ich sage dies nur um es gesagt zu haben. Denn von dem großen Publikum zu verlangen, daß es konsequent sein solle, wäre nicht billiger, als vom Horaz verlangen, daß ihm alles gefallen müsse, was dem Publikum gefällt.
Übrigens stimmt Quintilians
UrteilXXX) von
der römischen Komödie mit dem seinigen vollkommen überein. »In der
Komödie, sagt er, hinken wir am weitesten hinter den Griechen her, wiewohl Älius Stilo
meinte, die Musen, wenn sie Lateinisch sprechen wollten, würden des
Plautus Sprache reden, und wiewohl die Stücke des
Terenz (die wirklich das Eleganteste sind, was wir in diesem Fache haben)
sogar einem Scipio Africanus zugeschrieben wurden. Wir haben kaum einen leichten Schatten von jener,
den Athenern allein eignen Grazie erreicht, u.s.w.«