Canidius.
Wenn Tacht und Oel entgeht den loderndhellen Flammen /
So zeucht der letzte Strahl die gantze Glutt zusammen:
Wenn sich der Sonne Rad sänckt in die düstre See /
So siht man: daß sie erst mit Blutte nidergeh;
Wenn Seele Sinn und Geist auß Marck und Adern stertzen /
So fängt der Tod erst an zu kämpfen mit dem Hertzen:
So mag / wenn Stadt und Reich mehr keinen Athem hat /
Di Sonne dieses Reichs das Hertze dieser Stadt
Der grosse Fürst Anton mit letzten Tugends-Strahlen
Der Freiheit einen Sarch / ihm sein Begräbnüß mahlen.
Hauptleut.
Der letzten Meinung fällt Soldat und Bürger bei.
Antonius.
Daß Bürger und Soldat treu- und behertzter sei /
So läß't ihm auch Anton der meisten Schluß beliben.
Uns hat der schärfste Sturm oft in den Port getriben:
Da oft ein sanfter West lägt Thurm und Fels in graus.
Man sprenge durch di Stadt bei Rath und Pöfel auß:
Rom hette selber sich aufs Keisers Hals verschworen /
Phraates schick' uns Volck / und Juba seine Mohren /
Es hab Abißinen den Harnisch angelegt /
Der stoltze Rhein den Schaum für unser Heil bewegt.
Daß Caelius den Port / Canidius di Wälle /
Archibius di Burg in sichre Waffen stelle.
Antonius. Cleopatra. Ein Hauptman.
Cleopatra.
Mein Fürst! mein Haupt! mein Hertz!
Antonius. Mein Schatz! mein süsses Licht!
Wie! daß das Thränen-Saltz ihr auß den Augen bricht?
Daß sich ihr Hertze muß mit holen Seufzern kühlen?
Wie / daß die Brüste so mit kurtzem Athem spielen?
Was wird durch diese Wolck' uns für ein Blitz gebracht?
Cleopatra.
Mein Trost / mein Auffenthalt / als nach durchküster Nacht
Di Sonn' auß Thetis Bett' / ich auß deß Fürsten Armen
Di satten Glider hob / fiel ich umb das Erbarmen
Der Götter über uns zu suchen / fürs Altar /
Wo man dem Apis reicht di heil'gen Opffer dar.
Ich streute Weyrauch auf; es wolte keiner brennen;
Der Abgott wolte nicht di besten Früchte
kennen1) /
Mit welchen iemals ihn di Vorwelt hat gespeist;
Ja / wie ein wilder Nord / der durch di Hölen reist;
So fing sein Ebenbild erschrecklich
anzubrüllen2) /
Biß endlich Thränen ihm auß dem Gesichte fiellen /
Der voll von kalter Furcht mit beben fast verging /
Und auf den Boden sanck. Nach solcher Angst umbfing
Den güldnen Opffer-Tisch ein unversähnes Zittern
Als man der Isis Bild3) sich sahe
gantz zersplittern;
Serapis silbern Haupt fiel von sich selbst entzwey.
Antonius.
O / daß der Himmel uns nicht ewig ab-hold sei!
Cleopatra.
Man sahe durch den Hoff di todten Geister irren
Den Crocodil bethränt / di heilgen Schlangen girren /
Als ein gantz frembder Drach' in ihren Tempel kam
Und zwischen Dampf und Rauch mit zischen Abschid nam.
Der hochgeweih'te Fisch4) verlohr
di Silber-Schopffen /
Di nie bewölckte Luft / auß der kein Wasser-Tropffen
Nie raan / zerfloß in Blutt. Es kam kein süsser Thon
Auß Memnons Marmel-Seul5) /
ob Titans Fackel schon
Auf dieses Wunder-Bild di glüend-heissen Strahlen
Mit tausend Funcken warff. Di rundgeperlten Schalen
Mit den di Pristerschaft den durch unschuldig Blutt
Entweihten Nil versöhnt / zersprangen in der Flutt /
Als der sonst sanfte Fluß mit ungeheurem schäumen
An dem durchborten Rand' und außgerißnen Bäumen
Den grausen Zorn außliß / uns aber sagte wahr:
Egyptens Untergang / und Ende sei nun dar.
Antonius.
Getrost! di Opffer sind ein Port bei solchen Wettern.
Cleopatra.
Di Opffer werden ja verschmäht von unsern Göttern.
Antonius.
Di Andacht ist der Blitz / der durch di Wolcken bricht.
Cleopatra.
Ach! das Verhängnüß beugt sich durch di Andacht nicht.
Antonius.
Di Götter wollen mehr als einmal sein gebethen.
Cleopatra.
Gott hört den nicht / den er wil in den Abgrund treten.
Antonius.
Furcht kehr't ein zitternd Laub in einen Donnerschlag.
Cleopatra.
Ach! daß bei solchem Sturm' er ichtwas hoffen mag!
Antonius.
Der Himmel / der uns oft erlößt hat / heist 's uns hoffen.
Cleopatra.
Wer oftmals wird gefehlt / wird endlich doch getroffen.
Antonius.
Gott heilet Angst durch Angst! di Aertze Gifft durch Gifft.
Cleopatra.
Ach! daß der lichte Blitz denn nur di Cedern trift!
Antonius.
Es treffe Fall und Blitz di Cedern unser Ehren;
Nichts wird den Lorber-Krantz der Tugend uns vermehren.
Der Muth erwarb den Thron; der Zufall raff' ihn weg:
Es brennt das Ungelück uns keinen Ehren-Fleck.
Gedult und Hoffnung ist di Salbe dieses Brandes.
Prinzeß / Sie nehm' in acht di Würden ihres Standes /
Und faß' im tiefstem fall' ihr diesen Muth in Sinn:
Sie sterb' Egyptenlands gebohrne Königin.
So steh't und fällt Anton. Oft zeucht das Ungelücke
Das schon gezückte Beil von Hals und Kopff zurücke /
Wenn es di Tugend siht mit starren Augen an:
Daß sie mehr / als sie drückt / behertzt erdulden kan.
Hauptmann.
Mein Fürst!
Cleopatra. ach Gott!
Antonius. Was ists?
Hauptmann.
August sucht für Gesandten
Geleits-Brief und Verhör.
Antonius. Der Hauptman der Trabanten
Empfange / di er schickt. Gebt ihm / was er begehrt.
Di Botschafft werd' aufs Schloß mit höchster Pracht gewehrt.
Rufft den geheimen Rath in innern Saal zu sammen.
Der Schauplatz bildet ab den geheimen Verhör-Saal.
Proculejus. Antonius. Sosius. Canidius. Caelius.
Proculejus.
Di Nachwelt / grosser Held / wird ewig uns verdammen:
Daß das so grosse Rom6) /
daß nie kein Feind verletzt /
Ihm selbst di Kling' an Hals / den Dolch ans Hertze sätzt.
Verzagte Porsena für eines Römers
Tugend7) /
Erlag der Spartacus8) durch di
behertzte Jugend /
Fiel Hannibals Gewalt durch unsrer Eltern Arm /
Darumb: daß Rom ihm selbst den Dolch stoß' in den Darm?
Das Capitol ward nie von Galliern bestritten;
Jüngst hat's vom Sylla
selbst9) den Schiffbruch erst
erlitten /
Wer zweifelt / daß di Frucht di Mutter selber frist;
Der schau deß Marius / deß Cinna böse List
Und wildes wütten an. Den grimmen Catilinen
Muß warmes
Menschen-Blutt10) für
Malvasiere dienen /
Das di verfluchte Schaar zu stärcken ihren Band
Zu stürtzen in den Grund ihr güldnes Vaterland
Auß den Kristallen trinckt. Es bleib' anitzt vergässen:
Was deß Pompejus Brand für Römer hat gefrässen;
Wieviel der jüngste Krieg hat Bürger-Blut verzehrt /
Seit dem Antonius das rach-begier'ge Schwerdt
Auf den August gezück't. Und / ob di FreundschaftsWunden
Zwar minder / als ein Glas / stets haben Pflaster funden;
So beut August ihm doch Vertrag und Frieden an.
Weil Er diß bluttge Spiel nicht ferner schauen kan.
Antonius.
Der Himmel geb' es nach! ihr Götter last's geschehen!
Daß Rom sich ohne Blutt / uns ohne Zanck mag sehen!
Daß einmal dem August der Völcker herbes Weh
Daß Blut-Bad unsrer Stadt noch zu Gemütte geh /
Daß er deß Reiches Fall / der Länder Brand erwege
An Eyd und Bündnüß denck'. Octavianus lege
Di schuld ja nur auf mich! es weiß es Gott und Welt:
Daß Rom nicht vom Anton / nein / durch den Keiser fällt.
Wieviel hat Lepidus ihm nicht mit Glimpf' enthangen?
Mein Brief hat Stahl und Bley zur Antworts-Schrifft empfangen /
Wie! daß man / eh' ich todt / mein Testament
erbricht?11)
Jedoch / di Unschuld darf der Nebel-Kappen nicht.
Augustus hat den Stahl auf unsre Brust geschliffen /
Eh ich für unser Heil Papier und Tint' ergriffen;
Man hat das Völcker-Recht vergässen gegen mich /
Den Krieg nicht angesagt / biß daß ich Schwerd und Strich
Auf meiner Haut empfand. Jedoch ich wil's verschmertzen.
Di Warheit dient hier mehr zu einer Zwitrachts-Kertzen
Als zur Vereinigung. Man nimmt mit beider Hand
Den Friedens Vorschlag an. Schlag't uns für diesen Brand
Ein thulich Mittel vor.
Nos in Templa tuam Romana recepimus Isim.
Dieser Isis und des Serapis falsche Gottheit weiß nebst andern stattlich durchzuziehen
Arnob. contra gentes l. 1. plötzlich m. 478. & lib. 8.
p. m. 764. Di denckwürdige Uberschrifft aber an der Isidis Tempel in Egipten
scheinet keine heidnische Brunquäll zu haben / welche Plutarch. lib. de Isid. & Osir.
p. m. 593. hat: Ego sum omne quod extitit, est, & erit: meumque; peplum nemo adhuc
Mortalium detexit.