Antonio's Haus.
Antonio und Panthion treten auf.
Antonio.
Was für ein ernsthaftes Gespräch war das, Panthion,
das ich meinen Bruder mit dir im Kloster halten sah?
Panthion.
Er sprach von seinem Neffen Protheus, euerm Sohn.
Antonio.
Und was sagte er denn von ihm?
Panthion.
Er wunderte sich, daß Eu. Gnaden zugeben möchten, daß
er seine Jugend so müßig daheim verschleudre, indeß
daß andre Leute von weit wenigerm Ansehen ihre Söhne
in die Fremde schiken, einige ihr Glük im Krieg zu suchen,
einige um in entfernten Meeren neue Inseln zu entdeken, andre
auf berühmte Academien der Künste und Wissenschaften.
Zu einigen dieser Uebungen, oder zu allen, sagte er, wäre
euer Sohn Protheus reiff; und er ersuchte mich, alles bey Eu.
Gnaden anzuwenden, daß ihr ihn seine Zeit nicht länger
daheim verschwenden lassen möchtet, indem es ihm sein ganzes
Leben durch sehr nachtheilig seyn würde, in seiner Jugend
keine Reisen gemacht zu haben.
Antonio.
Du wirst wenig Mühe haben, mich zu etwas zu bewegen, womit
ich diesen ganzen Monat durch umgehe. Ich habe diesen Zeit-Verlust
ganz wohl erwogen, und bin vollkommen überzeugt, daß
er, ohne durch die Schule der Welt gegangen zu seyn, kein vollkommner
Mann werden kan. Erfahrung wird durch Fleiß erlangt, und
durch die Zeit zur Vollkommenheit gebracht. Sage mir also, wo
meynst du, daß ich ihn mit dem grösten Nuzen hinschiken
könnte?
Panthion.
Ich denke, es ist euer Gnaden nicht unbekannt daß sein Freund,
der junge Valentin, sich würklich am Kayserlichen Hofe aufhält.
Antonio.
Ich weiß es.
Panthion.
Es wäre gut, däucht mich, wenn Eu. Gnaden ihn auch dahin
schikte; er würde dort Gelegenheit finden, sich in Ritterlichen
Spielen und Turnieren zu üben, mit Leuten von Stand und Vorzügen
bekannt zu werden, viel schönes zu sehen und zu hören,
und überhaupt sich zu allem demjenigen zu bilden, was seinem
Alter und seiner Geburt anständig ist.
Antonio.
Dein Rath ist gut; und daß er mir gefällt, soll dir
die Ausführung zeigen. Ich will ihn, sobald als es nur möglich
seyn wird, an den Hof des Kaysers schiken.
Panthion.
Don Alphonso und andre angesehene Cavaliers sind Willens morgen
abzureisen, und dem Kayser zu seiner Ankunft Glük zu wünschen,
und ihm ihre Dienste anzubieten.
Antonio.
Die Gesellschaft gefällt mir; Protheus soll mit ihnen gehen;
hier kommt er eben recht, wir wollen ihn in Zeiten davon benachrichtigen.
Protheus zu den Vorigen.
Protheus.
Theure Liebe, holde Zeilen, liebstes Leben! Hier ist ihre Hand,
der Dolmetscher ihres Herzens; hier ist ihr Eyd, die Verpfändung
ihrer Ehre, daß sie mich lieben wolle. O! daß unsre
Väter unsre Liebe billigen, und durch ihre Einwilligung unsre
Glükseligkeit siegeln möchten! Himmlische Julia!
Antonio.
He! Protheus, was für einen Brief leset ihr da?
Protheus.
Um Vergebung, Gnädiger Herr; es sind nur ein paar freundschaftliche
Zeilen vom Valentin, die mir ein guter Freund, der von Meiland
kam, überbrachte.
Antonio.
Zeigt mir den Brief, laßt mich sehen, was für Neuigkeiten
darinn stehen.
Protheus.
Es ist nichts Neues darinn, Gnädiger Herr; er schreibt mir
nur, wie glüklich er sey, wie er alle Tage neue Gnaden-Bezeugungen
vom Kayser empfange, und wie sehr er wünschte, daß
ich bey ihm wäre, und Antheil an seinem Glüke nähme.
Antonio.
Und was denkt ihr zu diesem Wunsche?
Protheus.
Ich denke, so wie einer der von Eu. Gnaden Willen abhangt, und
nicht von seinem freundschaftlichen Wunsche.
Antonio.
Mein Wille stimmt nicht übel mit seinem Wunsch ein; stuzet
nicht darüber, daß ich mich so plözlich entschliesse;
was ich will, das will ich; und damit ist's aus. Mein Wille ist,
daß du einige Zeit mit Valentin an des Kaysers Hofe zubringen
sollst; was er zu seiner anständigen Unterhaltung von seiner
Familie bekommt, das sollt du von mir auch erhalten. Bis morgen
mache dich reisefertig. Keine Entschuldigungen; ich verlange Gehorsam.
Protheus.
Gnädiger Herr, ich kann nicht so schnell mit dem Nöthigen
versehen seyn; wenn Eu. Gnaden mir nur noch einen oder zween Tage
Aufschub geben wollte.
Antonio.
Was dir abgeht soll dir nachgeschikt werden. Säume dich nicht
länger, morgen must du fort. Kommt, Panthion; ich habe euch
Befehle zur Beschleunigung seiner Abreise zu geben.
(Antonio und Panthion gehen ab.)
Protheus.
So bin ich dem Feuer entgangen, aus Furcht mich zu brennen; und
habe mich in die See gestürzt, wo ich ertrinke. Ich fürchtete
mich Julia's Brief meinem Vater zu zeigen, weil ich besorgte,
er möchte Einwendungen gegen meine Liebe machen; und meine
Entschuldigung mußte ihm gerade den Vortheil an die Hand
geben, meiner Liebe das gröste Hinderniß in den Weg
zu legen. O! wie ähnlich ist dieser Frühling der Liebe,
der unbeständigen Schönheit eines April-Tags; izt entfaltet
die Sonne ihre ganze Schönheit, und in einem Augenblik nimmt
eine Wolke alles weg.
Panthion kommt zurük.
Panthion.
Herr Protheus, euer Vater fragt nach euch; er kan sich nicht aufhalten;
ich bitte euch also, kommt.
Protheus.
Ich muß, mein Herz mag tausendmal Nein dazu sagen!
(Sie gehen ab.)