Eglamor tritt auf.
Eglamor.
Diß ist die Stunde, worinn Donna Silvia mir befohlen hat,
ihr aufzuwarten; sie hat irgend eine wichtige Angelegenheit, worinn
sie mich gebrauchen will. Madam! Madam!
Silvia zeigt sich wieder am Fenster.
Silvia.
Wer ruft?
Eglamor.
Euer Diener und Freund, der auf Euer Gnaden Befehl wartet.
Silvia.
O Eglamor, du bist ein rechtschaffner Edelmann, dapfer, weise,
voller Verdienste; [und diese Eigenschaften haben mir das Zutrauen
eingeflößt, wovon ich dir izt eine so grosse Probe
gebe.] Dir ist nicht unbekannt, wie ich für den armen verbannten
Valentin gesinnt bin; und wie entschlossen mein Vater ist, mich
an diesen albernen Thurio zu verheurathen, den meine Seele verabscheuet.
Du hast auch geliebt, und von dir selbst hab' ich's gehört,
daß nie kein Schmerz deinem Herzen so nah' gekommen sey,
als wie der Tod dich einer Geliebten beraubte, auf deren Grabe
du eine ewige Keuschheit geschworen hast. Signor Eglamor, ich
möchte zu Valentin nach Mantua, wo ich höre, daß
er sich aufhält: Und weil die Wege dahin unsicher sind, so
bitte ich mir deine Gesellschaft aus, als eines Mannes, auf dessen
Treue und Ehre ich mich verlasse. Wende mir nicht meines Vaters
Zorn dagegen ein, Eglamor; sondern betrachte nur die Heftigkeit
meines Schmerzens, und wie billig ich einer gezwungnen Heurath,
die der Himmel und meine Vorempfindung zum Unglük bestimmen,
zu entfliehen suche. Mit kummervollem Herzen bitt' ich dich, mir
Gesellschaft zu leisten, und mit mir zu gehen: Wo nicht, doch
zu verschweigen was ich dir entdekt habe, damit ich die Reise
allein wagen könne.
Eglamor.
Madam, ich bedaure euern Kummer von Herzen; und da ich weiß,
daß seine Quelle tugendhaft ist, so willige ich darein,
mit euch zu gehen; und sehe dabey eben so wenig auf das zurük,
was mich treffen könnte, als eifrig ich wünsche, daß
euch nichts als lauter Glükliches begegne. Wenn wollt ihr
gehen?
Silvia.
In der nächsten Nacht.
Eglamor.
Wo soll ich auf euch warten?
Silvia.
In Bruder Patrizens Zelle, wo ich im Sinne habe, vorher zu beichten.
Eglamor.
Ich will Euer Gnaden nicht auf mich warten lassen; guten Morgen,
schöne Princeßin.
Silvia.
Guten Morgen, mein lieber Signor Eglamor.
(Sie gehen ab.)