Fünfte Scene.

Eglamor tritt auf.

Eglamor.
Diß ist die Stunde, worinn Donna Silvia mir befohlen hat, ihr aufzuwarten; sie hat irgend eine wichtige Angelegenheit, worinn sie mich gebrauchen will. Madam! Madam!

Silvia zeigt sich wieder am Fenster.

Silvia.
Wer ruft?

Eglamor.
Euer Diener und Freund, der auf Euer Gnaden Befehl wartet.

Silvia.
O Eglamor, du bist ein rechtschaffner Edelmann, dapfer, weise, voller Verdienste; [und diese Eigenschaften haben mir das Zutrauen eingeflößt, wovon ich dir izt eine so grosse Probe gebe.] Dir ist nicht unbekannt, wie ich für den armen verbannten Valentin gesinnt bin; und wie entschlossen mein Vater ist, mich an diesen albernen Thurio zu verheurathen, den meine Seele verabscheuet. Du hast auch geliebt, und von dir selbst hab' ich's gehört, daß nie kein Schmerz deinem Herzen so nah' gekommen sey, als wie der Tod dich einer Geliebten beraubte, auf deren Grabe du eine ewige Keuschheit geschworen hast. Signor Eglamor, ich möchte zu Valentin nach Mantua, wo ich höre, daß er sich aufhält: Und weil die Wege dahin unsicher sind, so bitte ich mir deine Gesellschaft aus, als eines Mannes, auf dessen Treue und Ehre ich mich verlasse. Wende mir nicht meines Vaters Zorn dagegen ein, Eglamor; sondern betrachte nur die Heftigkeit meines Schmerzens, und wie billig ich einer gezwungnen Heurath, die der Himmel und meine Vorempfindung zum Unglük bestimmen, zu entfliehen suche. Mit kummervollem Herzen bitt' ich dich, mir Gesellschaft zu leisten, und mit mir zu gehen: Wo nicht, doch zu verschweigen was ich dir entdekt habe, damit ich die Reise allein wagen könne.

Eglamor.
Madam, ich bedaure euern Kummer von Herzen; und da ich weiß, daß seine Quelle tugendhaft ist, so willige ich darein, mit euch zu gehen; und sehe dabey eben so wenig auf das zurük, was mich treffen könnte, als eifrig ich wünsche, daß euch nichts als lauter Glükliches begegne. Wenn wollt ihr gehen?

Silvia.
In der nächsten Nacht.

Eglamor.
Wo soll ich auf euch warten?

Silvia.
In Bruder Patrizens Zelle, wo ich im Sinne habe, vorher zu beichten.

Eglamor.
Ich will Euer Gnaden nicht auf mich warten lassen; guten Morgen, schöne Princeßin.

Silvia.
Guten Morgen, mein lieber Signor Eglamor.

(Sie gehen ab.)


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