Ich weiß nicht ob irgend ein Gelehrter ist, für dessen Ohr die Verse des Plautus und Terenz wirklich Verse sind; ich meines Orts bekenne, daß meine Ohren nicht dazu organisiert sind, Jamben, wo der Poet, so oft er will, und in jeder Zeile wenigstens drei- bis viermal, einen Spondeus, Daktylus, Anapäst, Tribrachys für einen Jambus brauchen darf, und wo eine Zelle bald aus 8 oder 12, bald aus 18, 20, 22 und mehr Silben (diejenigen, die zusammengezogen werden, nicht gerechnet) bestehen kann, - von Prose zu unterscheiden. Es ist wahr, wenn ich die Verse des Terenz als Prose lese, so finde ich überhaupt, daß sie das, was man in einer prosaischen Komposition Numerus nennt, in einem sehr vorzüglichen Grade haben: aber von Plautus kann ich dies auf keine Weise sagen; und mich dünkt vielmehr, es sei ihm gar nicht eingefallen, sich bei dergleichen Kleinigkeiten aufzuhalten; er hatte weder Lust noch Zeit dazu: denn er mußte eilen,
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- - um sein Geld im Beutel klingen zu hören, - |
wie Horaz in der Epistel an August sagt. - Wie konnten nun die Römer der vorgehenden Generationen jemals von den Numeris eines Poeten, der von einer schönen Versifizierung nicht einmal einen Begriff gehabt zu haben scheint, mit solchem Beifall sprechen? - Mit den Salibus Plautinis hat es beinahe dieselbe Bewandtnis. Welcher Mann von Geschmack kann z. B. aus Plautus Amphitruo nur drei Szenen hintereinander aushalten? Wie viel mußte weggeschnitten werden, bis aus einer Plautinischen Szene eine Molierische wurde! Welche mörderliche Weitläufigkeit! Wieviel frostige Späße! Wieviel Unanständigkeit und Ungeschliffenheit, auch wo wirklich etwas Pikantes an seinen Scherzen ist! - Unser Autor scheint mir also sehr wohl begründet zu sein, wenn er den Proavis seiner Pisonen eine gar zu milde Nachsicht über diese beiden Punkte schuld gibt. Die Komödien des Plautus haben bei allem dem noch große Schönheiten, wiewohl sehr zu vermuten ist, daß er die meisten und besten den Griechen, als gute Beute, abgenommen: aber daß es ihm an Geschmack und feinerm Gefühl gefehlt habe, kann nur jemand leugnen, dem es selbst daran gebricht. Die Parteilichkeit solcher Römer, wie Varro und Cicero, für seine Sales und Numeros würde also immer etwas unbegreifliches bleiben, wenn nicht zu glauben wäre: daß die außerordentlichen Talente des Roscius, von dem sie gewohnt waren diese Stücke spielen zu sehen, das meiste dabei getan. In dem Munde eines Roscius konnten freilich auch Plautinische Verse wohlklingend werden. Übrigens ist nicht zu zweifeln, daß Horaz um so strenger gegen die nachlässigen Verse des Plautus werden mußte, wenn er an den Aristophanes dachte, dessen Jamben, Anapästen und Chöre, auch in Absicht der Versifikation, so schön gearbeitet sind, daß sie noch jetzt, da die Musik der griechischen Sprache größtenteils für uns verloren gegangen, jedes mit derselben nicht ganz unbekannte Ohr bezaubern.