24.2 Sicherheitsmanager (Security Manager)
 
Wir wissen bereits über Applets, dass sie auf einige Ressourcen des Rechners nicht zugreifen dürfen. Zwischen dem Aufrufer einer Bibliotheksfunktion und dem Betriebssystem sitzt eine Einheit, die unsere Aktionen genau kontrolliert. Dieses Zwischensystem ist der Sicherheitsmanager. Standardmäßig startet die Laufzeitumgebung für Applikationen ohne Sicherheitsmanager, aber für Applets gibt es einen speziellen Sicherheitsmanager. Dies sind Exemplare von Unterklassen der abstrakten Klasse SecurityManager. Der aktuelle Sicherheitsmanager lässt sich mit der Methode getSecurityManager() aus der Klasse java.lang.System bestimmen. Führen wir folgende Zeile in einer Applikation aus, so sehen wir, dass anfänglich kein Sicherheitsmanager gesetzt ist, denn die Ausgabe ist null:
public class ApplicationSecManager
{
static public void main( String args[] )
{
System.out.println( System.getSecurityManager() );
}
}
Im Gegensatz dazu sehen wir bei Applets ein etwas anderes Bild. Nachfolgendes Programm liefert eine Ausgabe wie sun.applet.AppletSecurity@123456 auf dem Bildschirm. Die Zahl ist der Hashcode des Objekts:
public class Applet1 extends java.applet.Applet
{
public void paint( java.awt.Graphics g )
{
g.drawString( System.getSecurityManager().toString(), 10, 10 );
}
}
24.2.1 Der Sicherheitsmanager bei Applets
 
Bei den beiden Beispielen ist deutlich geworden, dass während der Initialisierung eines Applets ein SecurityManager gesetzt wird und bei Applikationen nicht. Doch was ist einem Applet eigentlich verboten?
Applets dürfen nicht auf lokale Dateien des Client-Rechners zugreifen. Applets dürfen nicht einfach Dateien löschen oder lesen. Auf diese Weise könnten sie etwa wichtige Systemdateien an ihren Heimatserver übermitteln und damit ein ernsthaftes Risiko darstellen. All dies ist leider mit vielen Unannehmlichkeiten für den Programmierer eines Applets verbunden, da wir etwa auf die Möglichkeit verzichten müssen, temporäre Dateien anzulegen. Programmieren wir beispielsweise einen HTML-Editor als Applet, so müssen entweder alle Operationen im Speicher durchgeführt werden oder die Daten müssen auf dem Heimatserver des Applets gelagert werden.
Applets können Dateien nicht erzeugen, modifizieren oder löschen. Folgende Anweisungen sind daher ungültig:
new File( "finanzen.doc" ).delete(); // nicht löschen
OutputStream out = new FileOutputStream( "writer.txt" ); // nicht erzeugen
out.write( 'U' );
new File("old").renameTo( new File("new") ); // nicht umbenennen
new File( "noten.dat" ).exists(); // kein Existenztest
new File( "newdir" ).mkdir(); // keine Verzeichnisse anlegen
String list[] = new File( "c:\\" ).list(); // keine Auflistung
File checkFile = new File( "file" );
long length = checkFile.length(); // keine Dateiattribute
boolean isFile = checkFile.isFile();
long lastMod = checkFile.lastModified();
Es dürfen keine Netzwerkverbindungen zu anderen Computern als dem Heimatserver aufgenommen werden. Dies gilt für alle Verbindungen, die mit den Netzwerkklassen URL, Socket und DatagramSocket möglich sind. Dies ist oftmals ein Einschnitt, da etwa ein Börsenticker-Applet Kursdaten von einem anderen Server holen möchte. Das Internet als verteiltes System sollte auch vollständig genutzt werden können. Für ein Applet des Heimatservers »send-a-tutor« ist Folgendes nicht möglich:
URL web = new URL( "http://reality.tv/" ); // Keine URL-Objekte
URLConnection conn = web.openConnection();
Socket mailSocket = new Socket( "trau.mich.nich", 25 ); // Keine Sockets
InetAddress inet = new InetAddress( "www.boese.tv" );
byte buffer[] = new byte[100];
DatagramPacket packet; // keine UDP Datagramme
packet = new DatagramPacket( puffer, 100, inet, 7 );
DatagramSocket sendSocket = new DatagramSocket();
sendSocket.send( packet );
Da Applets keine Verbindungen zu Fremdrechnern aufbauen können, können sie natürlich auch nicht als Server fungieren:
ServerSocket server = new ServerSocket( 8080 );
server.accept();
Die verschiedenen Factory-Klassen aus dem Net-Paket sind mit Einschränkungen programmiert, sodass sie spezielle Protokoll-Handler, Content-Handler und Sockets verwenden. Ein Applet kann die Klassen URLStreamHandlerFactory, ContentHandlerFactory und SocketImplFactory nicht überschreiben.
Ein Applet kann keine Programme ausführen, die auf dem lokalen Rechner liegen:
Runtime.getRuntime().exec( "DEL C:\\AUTOEXEC.BAT" );
Applets dürfen auch keine anderen Programme starten und ebenfalls keine nativen Bibliotheken laden. (Für normale System-DLLs bringt das auch nichts, da sie nicht die benötigte Namenskonvention haben.)
Runtime.getRuntime().loadLibrary( "system32.dll" );
Ein etwas anderes Problem stellen Threads dar. Da alle Applets gemeinsam in einer JVM laufen, muss gewährleistet sein, dass nur die Threads eines Applets (also die Threads in der Thread-Gruppe des Applets) sich beeinflussen dürfen. In der Vergangenheit gab es mehrfach Sicherheitsprobleme, bei denen sich Threads verschiedener Applets gegenseitig stören konnten.
Auch darf kein Applet die gemeinsam genutzte virtuelle Maschine beenden:
Runtime.getRuntime().exit(0); System.exit(0);
Applets dürfen keinen eigenen Sicherheitsmanager installieren. Den Grund haben wir schon kennen gelernt: Könnte das Applet einen neuen Sicherheitsmanager zuweisen, ließen sich leicht die für Applets geltenden Beschränkungen aushebeln. Der Java-fähige Webbrowser erzeugt für uns ein spezielles ClassLoader-Objekt, das abgesichert arbeitet.
Die Java-Umgebung setzt automatisch einige Properties, damit unser Programm etwas über seine Umgebung erfahren kann. Diese Variablen lassen sich über System.getProperty (String) auslesen. Applets dürfen nur manche Variablen lesen. Sie haben keinen Zugriff auf Informationen über das Java-Home-Directory, den Java-Klassenpfad, den User-Name, das Home-Verzeichnis und das Arbeitsverzeichnis des Anwenders. Die anderen Daten in den Variablen sind frei. Dazu gehören etwa:
|
Die Java Versionsnummer: java.version |
|
Der Hersteller der Java-Implementierung, der String: java.vendor |
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Die URL des Herstellers: java.vendor.url |
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Die Versionsnummer des Klassen-Dateiformats, das die JVM verarbeiten kann: java. class.version |
|
Der Betriebssystemname: os.name |
|
Die Betriebssystemarchitektur: os.arch |
|
Die Betriebssystemversion: os.version |
|
Der Dateitrenner (zwischen Verzeichnis- und Dateinamen): file.seperator |
|
Der Pfadtrenner (zwischen den einzelnen Einträgen eines Suchpfades): path.seperator, |
|
Das Zeilenendezeichen: line.seperator |
Obwohl diese Daten natürlich für statistische Zwecke missbraucht werden können, sind sie doch für ein Applet unter Umständen lebensnotwendig. Denn so kann es etwa einfach an der Versionsnummer ablesen, ob eine bestimmte Klasse mit Methoden bestimmter Versionen implementiert ist oder nicht.
24.2.2 Sicherheitsmanager aktivieren
 
Ein Sicherheitsmanager wird durch den Schalter –Djava.security.manager bei der Laufzeitumgebung aktiviert. Nehmen wir ein Programm SecTest. Wir starten es einmal mit und einmal ohne den Schalter –Djava.security.manager.
Listing 24.1
SecTest.java
import java.io.*;
public class SecTest
{
public static void main( String args[] )
{
System.err.println( System.getSecurityManager() );
System.err.println( new File("c:/address.txt").length() );
}
}
Wenn wir das Programm ohne Schalter aufrufen, läuft das Programm durch und gibt die Länge der Datei aus. Ist der Schalter gesetzt, wird ein Sicherheitsmanager angemeldet. Wenn dann eine potenziell kritische Operation ausgeführt wird, wie das Erfragen der Dateilänge, steigt die Laufzeitumgebung mit einer Exception aus:
$ java -Djava.security.manager SecTest
java.lang.SecurityManager@26b249
Exception in thread "main" java.security.AccessControlException: access denied (
java.io.FilePermission c:\address.txt read)
at java.security.AccessControlContext.checkPermission(AccessControlConte
xt.java:270)
at java.security.AccessController.checkPermission(AccessController.java:401)
at java.lang.SecurityManager.checkPermission(SecurityManager.java:542)
at java.lang.SecurityManager.checkRead(SecurityManager.java:887)
at java.io.File.length(File.java:790)
at SecTest.main(SecTest.java:9)
24.2.3 Wie nutzen die Java-Bibliotheken den Sicherheitsmanager?
 
Ein Sicherheitsmanager hat die Kontrolle über alle problematischen (also gefährlichen) Methoden in der Java-Bibliothek. Alle Methoden, die nun irgendetwas mit Sicherheit zu schaffen haben, fragen vorher den Sicherheitsmanager, ob sie überhaupt zu der kritischen Aktion berechtigt sind. Sehen wir uns dazu die Methode list() aus dem IO-Paket in der Klasse File an:
public String[] list() {
SecurityManager security = System.getSecurityManager();
if (security != null)
security.checkRead( path );
return fs.list( this );
}
Wir erkennen, dass zunächst der Sicherheitsmanager konsultiert, und dann erst die wahre Aktion ausgeführt wird. Diese steckt in der nativen Methode list0(). Die Namen fast aller nativen Methoden in der Bibliothek enden mit »0« und sind so leicht zu erkennen. Betrachten wir das Beispiel, so ist dies typisch für alle anderen Methoden aus der File-Klasse und macht deutlich, dass es keine Möglichkeit gibt, um diesen Sicherheitsmanager herumzukommen. Es sei denn, es ließe sich die Methode list0() direkt aufrufen. Dies ist aber nicht möglich, da sie fest als private native Methode in der Klasse File verankert ist. Sogar Unterklassen können list0() also weder sehen noch ausführen.
Ebenso wie die File-Klasse mit dem SecurityManager arbeitet, rufen auch andere Klassen Prüfmethoden auf, um zu entscheiden, ob der Zugriff auf eine Ressource erlaubt ist. Wenn sie vom Sicherheitsmanager verweigert wird, erfahren wir dies durch eine SecurityException. Hier ein paar Beispiele für Beschränkungen: Toolkit (können wir mit getSystemEventQueue() die Systemschlange für Ereignisse abfragen?), Window (erzeugt in einem Applet zusätzlich die Einblendung »Warning: Applet Window«), FileInputStream (dürfen wir so ein Objekt überhaupt erzeugen?), Class (dürfen wir auf Elemente der Klasse zugreifen?), ClassLoader (können wir einfach einen neuen Klassenlader definieren?), Runtime (können wir mit exit() aussteigen oder externe Programme ausführen?).
24.2.4 Rechte vergeben durch Policy-Dateien
 
Um ein Programm die passenden Rechte zu geben – und damit in unserem Fall Zugriff auf die Dateilänge zu bekommen –, werden die zugesicherten Rechte in einer Rechte-Datei gesammelt. Diese Datei nennt sich Policy-Datei. Wenn die Laufzeitumgebung gestartet wird, wird ein Verweis auf diese Policy-Datei mitgegeben, und über diesen Weg wird der Security-Manager Berechtigungen vergeben.
Die Policy-Dateien bestehen aus einer Reihe von grant-Anweisungen. Sehen wir uns die Datei myPol.policy an, die für Dateien eine Leseberechtigung vergibt.
Listing 24.2
x myPol.policy
grant {
permission java.io.FilePermission »<<ALL FILES>>«, »read«;
};
Jetzt muss diese Berechtigungsdatei mit dem Sicherheitsmanager verbunden werden. Das geschieht am komfortabelsten wieder von der Kommandozeile aus.
$ java -Djava.security.manager -Djava.security.policy= myPol.policy SecTest
java.lang.SecurityManager@26b249
28
Wir sehen, dass das Programm nun durchläuft und die Dateilänge ausgibt. Der Schalter –Djava.security.policy gibt einen Pfad auf die Berechtigungsdatei an. Die Datei muss im Pfad gefunden oder absolut adressiert werden.
Neben diesen benutzerdefinierten Rechteregeln gibt es systemvergebene Policy-Dateien. Sie werden von Java standardmäßig in der Datei .java.policy im Unterverzeichnis lib/security (etwa C:\Programme\jdk1.4\jre\lib\security) der Java-Installation gespeichert. Diese Rechtedatei definiert damit die »Standard-Berechtigungen«. Eigene, programmunabhängige Rechtedateien, können unter dem Namen .java.policy im Benutzerverzeichnis abgespeichert werden. Unter Unix ist das das Verzeichnis $HOME. Auch diese Dateien können vom Systemverwalter angepasst werden. Zunächst werden die Standard-Sicherheitsdateien genutzt, und die Benutzerdateien »nachgeladen«. Die Datei java.security im Verzeichnis security beschreibt, welche Rechtedateien genutzt werden. Genau dort finden sich die beiden Dateien.
Listing 24.3
\jdk1.4\jre\lib\security\java.security
# The default is to have a single system-wide policy file,
# and a policy file in the user's home directory.
policy.url.1=file:${java.home}/lib/security/java.policy
policy.url.2=file:${user.home}/.java.policy
Da Rechte nur vergeben, aber bisher nicht genommen werden können, besteht das Sicherheitsproblem darin, dass eine eigene Policy-Datei alle Rechte vergibt, wogegen die Systemdatei Einschränkungen vorsieht. In diesem Fall kann der Programmverwalter auch dem Benutzer das Recht nehmen, eigene Rechtedateien anlegen zu können. Dazu editiert er die Datei java.security. Der Eintrag allowSystemProperty muss false sein.
# whether or not we allow an extra policy to be passed on the command line
# with -Djava.security.policy=somefile. Comment out this line to disable
# this feature.
policy.allowSystemProperty=true
Alle Bibliotheken, die in das ext-Verzeichnis gelegt werden, bekommen alle Rechte. Das liegt an den Systemrechten. In java.policy, der Standard-Rechtedatei vom System, sehen wir:
// Standard extensions get all permissions by default
grant codeBase "file:${java.home}/lib/ext/*" {
permission java.security.AllPermission;
};
Das zeigt auch die Verwendung einer CodeBase. Sie spezifiziert den genauen Pfad, in dem die Rechte gelten. Also werden nur für das lib/ext-Verzeichnis alle Rechte vergeben, aber nicht für alle anderen Verzeichnisse.
Interessante weitere Fragen und Schwächen thematisiert das Dokument »When »java.policy« Just Isn't Good Enough« unter: http://www.javageeks.com/Papers/JavaPolicy/JavaPolicy.pdf.
24.2.5 Erstellen von Rechtedateien mit dem grafischen Policy-Tool
 
Das grafische Dienstprogramm policytool bietet uns die Möglichkeit, Applikationen und signierten Applets spezielle Rechte einzuräumen oder zu verweigern. Das Policy-Tool nimmt uns die Arbeit ab, von Hand die Rechtedateien zu editieren.
Nach dem Aufruf des Programms policytool öffnet sich ein Fenster, welches uns einige Menüpunkte zu der Frage bereitstellt, mit wem wir bestehende Rechtedateien editieren oder auch neue anlegen können.
Abbildung 24.1
Das grafische Policy-Tool
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Neue Einträge für die Zugeständnisse der Laufzeitumgebung an das Programm werden über das Menü Add Policy Entry gemacht. Über das Dialog-Fenster können anschließend eine Reihe von erlaubten Eigenschaften ausgewählt werden, dann Permissions. Folgende Tabelle zeigt einige Permissions und ihre Bedeutungen:
AllPermission
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Die Anwendung oder das Applet dürfen alles
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FilePermission
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Zugriff auf Dateien und Verzeichnisse
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NetPermission
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Zugriff auf Netzwerkressourcen
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PropertyPermission
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Zugriff auf Systemeigenschaften
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ReflectPermission
|
Zugriff über Reflection auf andere Objekte erlauben
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RuntimePermission
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Einschränkungen von Laufzeitsystemen wie Klassenlader
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SecurityPermission
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Einstellen eines allgemeinen Sicherheitskonzepts, etwa für den Zugriff auf Policies
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SerializablePermission
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Beschränkung der Serialisierung
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SocketPermission
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Spezielle Einschränkungen an einer Socket-Verbindung
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